nachdem Stefan sehr ausführlich über seine neue Montierung (Pegasus Nyx-101) berichtet hat, möchte ich die ersten Eindrücke von meiner neuen iOptron HEM27 teilen. Bei mir sind ja zwischen Kaufentscheidung und Lieferung nur wenige Tage vergangen, so dass ich schnell meine Neugierde befriedigen konnte.
Die Ausführung des Steuerkopfes und des Carbon-Stativs macht einen sehr guten Eindruck, was man ja auch bei dem Kaufpreis erwarten kann. Der Aufbau geht unkompliziert schnell von statten.
Das erste große Aha-Erlebnis ist das geringe Gewicht der Montierung. Was für ein Unterschied, wenn man anstatt der 20 kg der HEQ5 auf der Schulter nur die 7 kg der HEM27 in der Hand über die Kellertreppe transportieren muss. Die Knie werden es einem hoffentlich danken.
Die Steuerung geschieht über die Go2Nova Handbox, die auch bei der Steuerung über den Computer/Smartphone/Tablet (wahlweise USB-Kabel oder W-LAN) immer angeschlossen ist. So kann man immer auch händisch eingreifen. Das Menükonzept ist sehr eingängig und sinnvoll aufgebaut. Zum Glück kann man den lästigen Piepston ausschalten. Im Normalzustand werden die Position, die Trackingeinstellung, die maximale Schwenkgeschwindigkeit und die Zeit eingeblendet. Durch eine eingebaute Pufferbatterie bleiben alle wichtigen Daten gespeichert und die Uhr läuft weiter. Das erspart eine Neueingabe beim Einschalten. Beim Herunterladen der iOptron Commander Software werden auch automatisch alle notwendigen ASCOM-Treiber installiert. Die Verbindung und Steuerung über Carte de Ciel und PHD erfolgte problemlos.
Das Carbon-Stativ macht einen sehr soliden Eindruck. Da wackelt nichts. Das Geräusch der Montierung beim Nachführen und beim Schwenken (max. 6°/s) ist sehr niedrig, sodass keine Störung der Nachbarn zu befürchten ist. Kein Vergleich zur HEQ5 mit dem Zahnradantrieb, mit dem Riemenantrieb wird da allerdings auch eine deutliche Geräuschminderung erzielt.
Da die HEM27 in DEC einen konventionellen Schneckenantrieb besitzt, kann man die Aufnahme mittels einer Kupplung lösen und frei drehen. Das ermöglicht eine schnelle Drehung um 90°, wenn man entweder mit einer Querschiene oder einer Längsschiene zur Befestigung der Teleskope arbeitet. Interessanterweise rastet die Aufnahmeplatte alle 1.25° ein. Damit kann man sehr exakt um 90° schwenken. Durch die Montierung sind eine USB- und eine 12V-Verbindung zur Aufnahmeplatte durchgeführt, was das Kabelmanagement doch sehr erleichtert. Ich habe an die Position des optionalen Guidingfernrohrs von iOptron eine kleine Box mit mehreren Cinch-Buchsen zur 12V-Verteilung auf der Schiene befestigt.
An einem Abend konnte ich erste Tests unter Sternenhimmel machen. Mich hat vor allem das Guidingverhalten interessiert. Dazu habe ich meinen TSAPO72 (f=372 mm) zusammen mit der ASI120MM verwendet, da ich ja auch diese Kombination oft als Leitrohr benutze. Das Einnorden mittels der Drift-Routine von PHD ging so leidlich von statten, da das Blickfeld und damit die Auswahl geeigneter Sterne doch sehr eingeschränkt ist. Die Kalibrierung und das Autoguiding bei gutem Seeing liefen problemlos. Mit einer Belichtungszeit von 0.5 s wurde ein RMS-Fehler von 0.75 Bogensekunden erzielt, bei 1 s dann 0.95 Bogensekunden. Mit diesen Werten kann man sehr zufrieden sein, da es auch keine deutlichen Ausreißer gegeben hat. Die Datenanalyse in PHD erlaubt die Rückrechnung der Montierungsbewegung ohne Guidingimpulse. Aus dieser Darstellung konnte ein maximaler periodischer Fehler von +- 5 Bogensekunden ermittelt werden. Allerdings ist die Sinuskurve mit einer Periode von 360 s noch mit einer zweite Schwingung mit einer Periode von ca. 12s überlagert. Bei Gelegenheit werde ich diese Tests über längere Beobachtungszeiten nachholen.
Das bisherige Urteil fällt ja bisher sehr gut aus. Allerdings gibt es auch ein paar Dinge zu kritisieren, wo man sich fragt, was haben sich die Konstrukteure dabei gedacht. Zum Beispiel ist das Ausgangskabel des mitgelieferten 12V/5A-Netzteils zu kurz. Beim Einstecken in die Montierung schwebt das Netzteil in der Luft, was leicht dazu führen kann, dass sich der Stecker löst. Wenn man das Kabel einmal um das Stativbein wickelt, ist für genug Zugentlastung gesorgt. Aber schick ist diese Lösung nicht. Als Schrauben, die zur Sicherung der Position in RA und DEC verwendet werden, dienen Inbusschrauben. Zwar ist in der Montierung ein entsprechender Schlüssel unverlierbar magnetisch gelagert, aber im Dunkeln ist das Handling eher suboptimal. Ich werde die Schrauben durch passende Klemmhebelschrauben ersetzen, wie sie ähnlich auch bei der ASI AM5 zum Einsatz kommen. Wenn man die Aufnahmeplatte um 90° dreht, um mit einer Querschiene zu arbeiten, lässt sich diese mit dem Klemmhebel nicht richtig fixieren, da der Hebel am Gehäuse anstößt. Zu Glück ist die Schraube lang genug, damit mit einer Hülse der Klemmhebel soweit nach außen positioniert werden kann, dass eine vollständige Drehung möglich ist.
Positiv ist zu bemerken, dass die entsprechende Kritik vom iOptron-Support umgehend beantwortet wurde. Vielleicht ändern sie ja noch die Konstruktion entsprechend.
Mit der alten HEQ5 habe ich ja versucht, mich über SkyTrack der Verfolgung von Satelliten zu widmen. Durch entsprechende Hard- und Firmwareaufrüstung kann man mit der HEQ5 Satelliten kontinuierlich verfolgen. Das ist leider mit der HEM27 nicht mehr möglich, da die Firmware keine variablen Trackinggeschwindigkeiten zulässt. Damit ist nur der sog. „Leap-Frog“-Modus möglich, bei der sich die Montierung schnell um ein Bildfenster verschiebt, um dann bei Stillstand den Satelliten durchs Bild laufen zu lassen. Danach wird dann wieder um ein Bildfenster nach vorne gesprungen. Mal sehen, wie das dann funktioniert.
Diese Art der Montierung lässt ja keinen Polsucher in der RA-Achse zu. Auf den zugehörigen elektronischen Polsucher habe ich verzichtet, da meine Umgebung ein Funktionieren wegen keiner oder eingeschränkter Sicht auf Polaris nicht zulässt. Auch habe ich keinen passenden Adapter für einen Polarsucher gefunden. Da war natürlich wieder das Bastlerherz gefragt. Aus einem ehemaligen Winkelsucher und einem 90°-Aluwinkel, habe ich mir eine entsprechende Aufnahme für einen Polarsucher bzw. einen Laserpointer gebastelt. Diese Konstruktion konnte ich genau an der Stelle anbringen, wo der elektronische Polfinder eingebaut wird.
Insgesamt bin ich von der Montierung überzeugt und hoffe, dass nicht das Wetter solange umgekehrt proportional zum Kaufpreis astrountauglich sein wird.
Gruß und CS
Christian